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The Da Vinci Code

May 20th, 2006 · 6 Comments

Naja, das hatte ich mir schlimmer vorgestellt. Allerdings hätte der Film schon viel tun müssen, um mich weniger zu unterhalten als das Buch. Wobei ich das Buch ständig anschrie und den Film nur müde anstierte, insofern erzeugte es doch durchaus mehr Emotionen. Die Frau rechts neben mir im Kino war allerdings der einzige Mensch in Deutschland? Europa? der Welt? der das Buch nicht gelesen hatte und somit bei “unerwarteten” Szenen immer quiekte, weshalb ich dann aus meinem Koma hochschrecken musste.

Aber auch hier von vorne. Muss ich noch was zur Handlung sagen? Weiß doch eh jeder schon, worum es geht, selbst wenn man das Buch nicht gelesen hat, pfeifen es doch die Spatzen von den Dächern (und ich denke drum übrigens gar nicht daran, irgendwelche Spoilerwarnungen zu geben - die ultimative Auflösung des “Rätsels” steht in jedem einzelnen Zeitungsartikel über den Film in der ersten Zeile). Also bitte hinterher nicht beschweren, wenn man hier weiterlesen tut.

Daran krankt natürlich auch der Film ein wenig, dafür kann auch der Herr Howard nix: Weiß ohnehin jeder, was man sucht, und dass es die ganze Zeit neben Herrn Hanks herdackelt. Da ist also keine Spannung zu holen. Weiterhin kommt aber leider auch keine nicht auf. Da helfen auch die einfachsten Rätsel von Dan Brown nix.

Man hat nämlich im Film das ganze (sinnlose) Blabla um die Rätsel herum aus dem Buch weggelassen: Im Buch findet der Herr Langdon zum Beispiel einen Zettel, auf dem was “in einer mysteriösen Sprache” steht und grübelt so ziemlich alle Sprachen der Erdgeschichte durch, bis er DURCH ZUFALL draufkommt, dass es Englisch rückwärts geschrieben ist. Oder er stellt zwei Kapitel lang eine 10stellige Nummer um, die er gefunden hat, und von der er nicht weiß, was sie soll und wenn ihn dann im Kapitel drauf der Bankdirektor nach einer 10stelligen Nummer fragt, dann weint er fast und geht sämtliche historische Daten seit dem Urknall durch. Nein, im Film geht das alles schön ratz-fatz: Bankdirektor fragt nach Nummer, Langdon: Die Nummer, die wir vorhin hatten! Man findet den Zettel mit der Schrift, der Herr Langdon ruft nach einem Spiegel.

Diese Tatsache, die mich total freut, weil mein Blutdruck nicht mehr über 250 steigen muss (dabei schrie ich immer das Buch an), ist allerdings für die Identifikation mit der Hauptfigur ziemlich blöd: Nachdem der Langdon sich nicht mehr im geringsten anstrengt für die Rätsellösung, ist er für die Geschichte quasi weniger Held als vielmehr ausführendes Organ. Die Geschichte verlangt und er liefert. Wie so ein kleiner Affe mit Schellen: Hinten drückt man drauf, vorne macht es KLOING.

Die mangelnde Identifikation wird leider auch nicht unterstützt vom sehr farb- und ausdruckslosen Spiel des Herrn Hanks, der nicht wirklich einen bleibenden Eindruck hinterlässt. So ist das (vor allem der erste Teil) ein bisschen wie wenn man nachts den Rätselspielen auf 9live zuguckt: Man kennt die Antwort auf die Frage “Was ist die Hauptstadt von Frankreich - Paris oder Wanne-Eickel”, nickt wissend, dann ruft einer an, sagt sie und gewinnt zwo Euro fuffzich und dann macht man den Fernseher aus. Nur beim Da Vinci Code dauert es zweieinhalb Stunden, bis man den Fernseher ausmachen kann.

Aber im Gegensatz zu 9live sind ja auch die Locations sehr schön, also der Louvre und so, und auch die Musik untermalt sehr angenehm dahinter und das ganze Kino war schon vage im Wachkoma versunken, als dann Sir Ian McKellen uns wieder aufweckte und fröhlich den Herrn Teabing darbot, als hätte es ihn im Buch nie gegeben. Da lachte der eine oder andere befreit auf und freute sich - nach Verhaftung des Herrn T. versank man dann aber wieder im öden, drögen Rätsel-Sumpf der Templer.

Das restliche Personal konnte nicht recht gegen den Sog des Skripts und des schwarzen Hanks-Lochs ankämpfen: Frau Tautou, so hübsch und madonnenhaft (ha!) sie auch ist, hat hier nicht wirklich irgendeine Ausstrahlung und schon gar keine Chemie mit Herrn Hanks (was ganz gut ist, weil der vermutlich auch ihr Opa sein könnte). Herr Reno ist eigentlich als langweiliger Quoten-Franzose irgendwie fehlbesetzt, ihm stehen farbigere Rollen besser, genau wie Paul Bettany etwas Farbe hätte vertragen können (no pun intended) - sein wahnsinniger Killermönch war irgendwie merkwürdig unschrecklich. Abgesehen davon, dass Albinos keine blauen Augen haben und Herr Bettany deshalb irgendwie wirkte, als hätte er sich bloß einen Kübel Mehl übern Kopp gekippt. Zur Buße vielleicht. Kann man ja mal machen!

Also ich bin irgendwie noch ganz benebelt von der Chose, was immerhin zeigt: als Einschlafhilfe, wenn das Wick MediNait versagt hat, kann man den Film durchaus empfehlen. Als spannender Thriller? Eher weniger. Völlig verkorkst? Nee, würd ich nicht sagen, man kann ihn schon angucken…wahrscheinlich selbst wenn man das Buch nicht gelesen hat, auch wenn’s dann schon bisschen schwieriger wird, weil die Verschwörungstheorien zäh wie Sirup, aber stetig wie Dominosteine fallen, und wenn man da nicht aufpasst, sondern kurz einnickt, hat man vielleicht schon wieder ein Opus-Dei-um-die-Ecke-Gespräch versäumt und kommt nicht mehr mit. Ich gebe ihm mal drei Dreiecke nach unten von 10 möglichen. (Dreiecke nach unten symbolisch nicht wie ein Daumen nach unten, sondern wie den Knopf, den ich drücke, wenn ich mitm Aufzug in Keller will das jahrhundertealte Zeichen für Weiblichkeit, ich vergebe doch keine männlichen Punkte)

Hier ist übrigens eine Filmkritik, über die ich mich doch auch sehr amüsiert habe: “It’s so boring it could be called ‘The Dull Vinci Code.’ It’s so dumb it could be called ‘The Duh Vinci Code.’”

Tags: Ein Kino-Mon berichtet

6 responses so far ↓

  • 1 Marco // May 20, 2006 at 6:29 am

    Nachdem die ganzen Christen es nicht schnallten, dass es sich um Fiction handelt, hab ich ja vorhin im TV gesehen, dass sich auch die Amerikanische Albino Liga aufgeregt hat, dass der boese Moench schon wieder ein Albino war….

    Morgen muss ich das Google Raetsel loesen…. so schnell wie moechlich. Ohje.

  • 2 einmon // May 20, 2006 at 11:12 am

    Komisch, wie Religion und Geisteskrankheit gerne Hand in Hand einhergehen.

    @Marco: Du hast doch deine tolle Dechiffriermaschine :))

  • 3 Marco // May 24, 2006 at 6:23 pm

    :(

    -> How I failed the Da Vinci Code Challenge
    http://marcofrom.com/archives/2006/05/i_failed_the_da.html

  • 4 Andreas // May 26, 2006 at 6:35 pm

    Hallo,

    habe den nachfolgenden Beitrag zu –The Da Vinci Code – gefunden und finde die Sichtweise des Autors auch interessant.

    Der Link: http://heuteblog.de/2006/05/26/

    Viel Spaß

    Andi

  • 5 Will nur spielen!! // May 27, 2006 at 1:11 pm

    Der Da Vinci Code… seltsam

  • 6 classless // Jun 3, 2006 at 5:34 pm

    Daß ein derart fundamentaler Angriff auf die Vermittlung mit derart plumpen Mitteln funktionieren kann, weist darauf hin, wie groß die Gefahr massenhafter Verbreitung von Verschwörungstheorien derzeit ist. Daß vieles in Buch und Film keinen rechten Sinn ergibt, daß die Rätsel alle sehr ähnliche Lösungen haben, daß Opus Dei als Reaktion auf die einsetzende Flut von Drohungen und Verdächtigungen maximale Transparenz praktiziert - all das wirkt dank verschwörungstheoretischer Aufbereitung eher noch unterstützend.

    http://myblog.de/classless/art/3692244

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