Brummfisch

I fish, therefore I brumm.

Brummfisch header image 2

Tokyo, 19.6. - Onsen ist Unsinn

June 26th, 2008 · No Comments

Nein, ist es nicht, aber das war so ein schöner Titel. Da bin ich wieder, um von meiner Onsen-Erfahrung zu berichten. Gestern fuhr ich also mit dem Zug ins schöne Hakone-Gebiet, welches bergig und vulkanig ist und deshalb unter anderem auch heiße Quellen beherbergt, und somit auch Onsens, wo man schön heiß baden kann. Dort hatte ich mich im besten Hotel am Platze eingemietet, dem Fujiya-Hotel (so benannt, weil man von da aus prima den Fuji sehen kann). Das hat nämlich unter der Woche einen total billigen Special Tarif in US-$ nur für Ausländer, den ich in Anspruch nahm.

Zuerst machte ich aber mal die obligatorische Sightseeing-Tour durch das Gebiet. Erst fuhr man mit einer nostalgischen Bahn den Berg hoch. Irgendwie hatte ich ein komisches Déja-vu, wusste aber nicht warum, bis ich dann das Bronze-Schild sah: “Wir sind verbrüdert mit der Rhätischen Bahn” - und mit der war ich ja mal nach Livigno gefahren, man erinnert sich, das war also dat gleiche Modell. Die Bahn brauchte ewig den Berg hoch, weil sie ständig die Richtung wechseln musste über Wendeschleifen, es konnte aber nur der eine Bahnfahrer den Berg hoch, der andere nur den Berg runterfahren, deshalb mussten die beiden auch immer zwischen den Zugenden wechseln. Das dauerte. Der eine Bahnfahrer (bergauf) war ziemlich gutaussehend und ich dachte mir, hm, die Grenze zwischen J-Pop und Bahnfahrer ist offensichtlich fließend, je nachdem ob dich deine Mutter mit 2 Jahren beim Ballett angemeldet hat oder nicht.

Dann fuhr man mit einer Seilbahn den Berg weiter hoch zu den Schwefelquellen. Da machten ich und alle Japaner in der Gondel das erste “Hier wäre der Fuji zu sehen, wenn es nicht wolkig wäre”-Bild. Bei den Schwefelquellen (die mich schwer an Island erinnerten) gibt es die Tradition, dass man schwarze Eier isst, die mittels der Quelle gekocht wurden. Der Sage nach bringt einem jedes Ei 6 zusätzliche Jahre. Alle Japaner, die da waren, werden sicher steinalt, denn die mampften die Eier, als gäbe es kein Morgen. Nachdem die Quelle aber übel müffelte, war so ziemlich das Letzte, was ich essen wollte, ein Ei bzw. gar mehrere davon, und deshalb verzichtete ich gern auf 42 weitere Jahre im Altersheim. Ja, das sage ich jetzt, aber wenn ich dann mit 81 ungern tot beim Breichen lutschen aus dem Rollstuhl kippe, könnt ihr mich gerne an die die mangelnde Ei-Versorgung erinnern und dass ich selber schuld bin.

Anschließend ging es mit Piratenschiffen (! - ??) über den Vulkansee und wir machten alle ein zweites Fuji-Wolken-Foto. Danach guckte ich einen Nachbau eines Wachpostens an, der im hmpften (habich vergessen) Jahrhundert verhindern sollte, dass Frauen aus dem alten Edo flohen. Weiß nicht, warum die da nicht sein wollten, vermutlich hatten sie aber einen guten Grund, so wie man die japanischen Männer kennt. Immerhin erleuchtete es mir den Teil des Matsumoto-Films näher (puh! zum Glück!), wo die Prinzessin beim Wachposten behauptet, sie sei der Bruder von dem anderen, da hatte ich mich nämlich gefragt, warum das Thema “Frau oder nicht Frau” so detailliert ausdiskutiert wird.

Im Anschluss verlief ich mich prompt im Wald und eierte (no pun intended) am See umher, ohne den Schrein zu finden, nach dem ich eigentlich aus war. Dann taten aber mir meine Füße weh, und ich ließ den Schrein Schrein sein, und beschloss, zum Hotel zu fahren, das hatte ja auch ein Onsen, und so ein heißes Bad erschien mir äußerst erstrebenswert.

Das beste Hotel am Platze war schon was in die Jahre gekommen - da waren früher mal Kaisers und Königs gern zu Gast, aber vermutlich hat das Hause schon seit einiger Zeit keinen königlichen Fuß mehr gesehen. Jetzt gemahnte es so ein bisschen an das Overlook-Hotel aus “Shining”, ein Eindruck, der nicht dadurch gemildert wurde, dass ständig und überall eine 20er Jahre CD lief, mit so Liedern darauf, die sich anhören, als würden sie durch ein Grammophon kommen.

Aber das Personal war äußerst freundlich und das Zimmer geräumig, ich breitete mich also nobel mit meiner Hotel-Yukata bekleidet auf 2 Betten aus und machte mir erst einmal einen grünen Tee aus der dort befindlichen Maschine. Anschließend ging ich ins Onsen, was leider nicht draußen war und mit Affen, aber immerhin hatte das Hotel sogar heißes Quellwasser zum in die eigene Badewanne laufen lassen und Privat-Onsen veranstalten. Aber ich war ja nun im öffentlichen Onsen und entspannte mich da dennoch in der heißen Wanne, das ist ja immer gut.

Nobel wie ich war, hatte ich dann ein spezifisch japanisches Kaiseki-Dinner gebucht (wie bei Kaisers, und in desselbigen Sommerhaus). Sowas wollte ich schon immer mal ausprobieren, da hieß es, werden einem kleine, hübsch angerichtete Häppchen serviert. Aber whoa! Das war ganz schön hart. Ich hatte ja schon erwähnt, dass die Japaner alles essen, was bei 3 nicht …etc. Und das wurde mir alles nun (schön in kleinen Häppchen, wohl wahr) serviert. Das Menü hatte gefühlte 100 Gänge, und ich stellte mir bei jedem vor, was Frau S. wohl dazu sagen würde (Oy vey!). Achtung. Wer gerade isst, sollte die nächsten Abschnitte lieber bleiben lassen und nicht lesen.

Beim ersten Gang war ich noch froh, da gab es kleine Röllchen mit diversem Zeugs drin, wie kleine Sushi. Aber schon in der darauf folgenden Suppe schwamm ein äußerst fischiger Seeigel, der mit einem blau-rosa Teig umgeben war. Uuh! Anschließend gab es Sashimi. Eins war OK und Thunfisch, das andere war ein quietschig-fettiger Tintenfisch (retrospektiv war ich froh, seinen kleinen platten Bruder am Strand verschmäht zu haben) und über einem war etwas, das sah aus und schmeckte wie zermatschte Fisch-Innereien. Gut, dass ich ein Bier bestellt hatte, da nahm ich zwischendurch große Schlucke, um mir Mut anzutrinken (und den fischigen Geschmack loszuwerden).

Anschließend gab es gegrillten Aal und irgendeinen anderen Fisch mit dicker Haut noch dran. Uah! Den Gang in der Mitte fand ich nicht so schlimm, da gab es eine Art Fischfondue, das man selber anrühren musste, mit Gemüse, und Nudeln - und mit einem dicken Stück (???) Ich piekte mit meinem Stäbchen hinein, um festzustellen, was es sei, und prompt schloss sich die Piek-Stelle wieder, als ich das Stäbchen herauszog. Es war ziemlich knatschig wie Kaugummi und schmeckte nach nix, und man musste doll kauen, um es essen zu können.

Dann gab es kleine frittierte sachen, und zwar eine frittierte Muschel (hatte ich ja noch nie probiert, und wie sich jetzt herausstellte, mag ich auch tatsächlich keine Muscheln), einen kleinen Fisch mit Schwanz und Kopf (! - AUGEN!!! IIIH!) frittiert, und eine Garnele. Ich fragte mich, wie man so eine Garnele mit Stäbchen isst, und nahm sie dann mit den Händen, brach sie auseinander und alle kleinen Füßchen und die Riesen-Antennen ab (iiiih, kleine Füßchen, IIIIH RIESENANTENNEN), und aß die Garnele innen drin. Dann bekam die Oma am Tisch neben mir den Gang, ich guckte interessierterweise hin, um zu lernen, wie man die Garnele nun mit Stäbchen isst, und die Oma SCHOB DIE GANZE GARNELE IN DEN MUND. Crunch, crunch, crunch, guckte nur noch die Riesenantenne aus dem Oma-Mund. Da nahm ich wieder einen großen Schluck Bier.

Dann gab es was, wo auf der Karte stand “Vinegared Foods” - das heißt wohl, dass man Dinge nimmt und sie so lange in Essig einlegt, bis sie ganz gelee-artig sind. Glibberiger Kaviar, glibberiger Schinken, und glibberiger Tofu. Oy. Dann gab es einen Napf Reis mit Bohnen und eine ordinäre Miso-Suppe - vermutlich, falls man nicht satt geworden war von den Häppchen. Da war ich ordentlich froh drum. Mmh, lecker Bohnen. Mmh, Miso-Suppe. Zum Abschluss war mir “Mandelcreme” angekündigt, aber die Mandelcreme hatte ungefähr die Konsistenz von einem Frühstücks-Eiweiß, das nicht ganz durchgekocht ist, und ich hielt mich lieber an die beigelegten Früchte, zu dem Zeitpunkt war mir schon etwas flau im Magen.

Als ich mit Essen fertig war, musste ich erst einmal in die hoteleigene Bar wanken und mir einen ordentlichen Sake einschenken lassen - kein Wunder, dass die Japaner Sake trinken, irgendwie muss man den Magen nach dem Essen ja wieder auf die Reihe kriegen. Puh! Immerhin war mir noch am nächsten Tag so flau im Magen, dass ich nicht frühstücken mochte, und so hatte man das Geld für das Essen wieder halbwegs drin.

Morgens begegnete mir noch eine kleine alte japanische Oma im Aufzug, die völlig verwirrt auf den Flur starrte, und als ich sie radebrechend informierte, wir seien im 4. Stockwerk, war sie total entzückt von meinem Japanisch und murmelte die ganze Aufzugfahrt über “Nee, nee, Japanisch” (sie war ca. halb so groß wie ich - kleine japanische Omis sind niedlich, wenn sie keine Garnelen essen).

Dann fuhr ich das Hakone-Open-Air-Museum besichtigen, das war toll, und sollte man sich auf jeden Fall anschauen, wenn man schon mal da ist. Lauter Skulpturen von Picasso und Miró und Henry Moore in einem riesig großen, schön angelegten Park, in dem man lang spazieren konnte und gucken, was ich auch tat. Und ganz hinten war ein heißes Fußbad, um sich zu erholen, wenn man schon lange herumgelaufen war. Das war eine prima Idee, und nachdem ich meine Füße gebadet hatte, war ich auch schon wieder ganz vergnüglich gestimmt für die Heimreise.

Wieder in Tokio angekommen, bestellte ich mir fröhlich am Automaten Soba-Nudeln und ein kleines Curry, da weiß man, was man kriegt. Anschließend ging ich tatsächlich in eine Pachinko-Halle, aber die ist innen noch viel lauter als man von draußen vermutet. Drinnen saßen ca. 1000 Leute, die alle rauchten und die Kugeln in die Automaten schütteten - fand ich jetzt nicht so erstrebenswert, insbesondere, da mein Geld eh zur Neige ging (tut es ja erfahrungsgemäß immer 2 Tage vor Ablauf des Urlaubs, so dass man nicht weiß, wie viel man beim Automaten abheben soll).

Ich investierte mein Geld also lieber in einen gepflegten Karaoke-Abend, und nachdem ich festgestellt hatte, dass unter all den Fake-Karaoke-Videos sogar ein Original-Video zu finden war, nämlich dieses hier, war ich hochbeglückt - ist doch schön, wenn man auch optisch was vom Karaoke hat, nicht immer nur diese komisch-blassen Leute, die eine Mall entlang wandern (so sehen alle Fake-Videos irgendwie aus). Und wer sieht nicht gern den Herrn Yamashita, wie er Leute zusammenschlägt? (jetzt bitte nicht alle auf einmal HIER und UM GOTTES WILLEN MACH DIE MUSIK LEISER schreien, Mensch, ihr Banausen alle). Ich versang also den Abend mit einem Moscow Mule (hallo, Frau S.), dem Herrn Yamashita und der Senorita, wunderbar. Der Herr Yamashita hat übrigens auch noch ein Lied mit “Amigo” drin, der ist total multikulturell veranlagt. Aber dieses war a) auch ein Fake-Video und b) bin ich da nicht so textsicher - hahaha, als ob es wen interessiert, also hauptsächlich a). Ich glaube, morgen gehe ich direkt noch einmal zum Karaoke, und warum? WEIL ICH ES KANN. Und weil es diese prima Form der Unterhaltung ja bei uns nicht gibt.

Tags: Gelaber

0 responses so far ↓

  • There are no comments yet...Kick things off by filling out the form below.

Leave a Comment