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Theater, Theater

March 9th, 2006 · 4 Comments

Im letzten Spiegel gab es einen Artikel (leider nur als e-paper lesbar), der als Aufhänger das Thema hatte, dass ein Schauspieler einem Theaterkritiker den Block entriss, bei dem es aber hauptsächlich darum ging, dass man heutzutage in keine Theateraufführung mehr gehen kann, ohne dass auf der Bühne gekotzt, der Text rückwärts vorgelesen oder die Schauspieler kleine Modelle berühmter Gebäude auf dem Kopf tragen, während sie sich an Lianen über die Bühne schwingen.

Die SZ nimmt sich heute dieser frevelhaften Aussage an: Ganz klares Theater-Bashing!! (ein wunderbares Wort) Was erlaubt sich da dieser Spiegel-Journalist - offensichtlich ein reaktionär-konservativer Angriff auf die wunderbare Intellektualität heutiger moderner Inszenierungen. Wo kämen wir denn hin, wenn Zuschauer Spaß im Theater hätten, nein, der Zuschauer soll sich bitte schön unwohl fühlen, nur so kann man die hirnlosen Schafe zum Nachdenken zwingen. Nur wenn Fäkalien fliegen und sich die Schauspieler auf der Bühne wilden Geschlechtsakten hingeben, dann kann die Subversivität einer kongenialen Regie richtig aufscheinen (klar, dass das über die Köpfe der minderbemittelten Massen hinausgeht).

Jeder Regisseur hat dabei die Pflicht, über das inszenatorische Spektakel in langweilig-banal-unterhaltende Stücke mindestens eine Botschaft einzufügen, die der Autor - vermutlich aus einem nicht zu unterstützenden Bestreben, einen Massenkonsens zu erzeugen - sträflich vernachlässigt hat. Konsumterror!!! Verweichlichung der Jugend durch das Fernsehen!!! Korruption!!! NAZIS!!! Es gibt so viele Themen, die der öffentlichen Aufmerksamkeit bedürfen, und wo hat Shakespeare diese berücksichtigt, frage ich? Geradezu verwerflich, eine Aufführung verstreichen zu lassen, ohne auf schwerwiegende gesellschaftliche Probleme hinzuweisen. Dafür gibt es doch schließlich Subventionen, damit man sich nicht als feiger Mitläufer-Regisseur am Zuschauergeschmack orientieren muss.

Buh! kann ich da nur rufen und hüpfe mit freiem Oberkörper linksdrehend ab von der Bühne, während ich FURZKNOTEN rufe und mit Torten werfe (Schillers “Räuber”).

Tags: Gelaber

4 responses so far ↓

  • 1 kecks // Mar 9, 2006 at 11:40 am

    “(…) ohne dass auf der Bühne gekotzt, der Text rückwärts vorgelesen oder die Schauspieler kleine Modelle berühmter Gebäude auf dem Kopf tragen, während sie sich an Lianen über die Bühne schwingen”; - das hier hat mir besonders gut gefallen =). Danke!

  • 2 einmon // Mar 9, 2006 at 11:42 am

    Die Liane war eine kleine Reminiszenz an eine Parsifal-Aufführung im Münchner Nationaltheater. Da trugen die Schauspieler allerdings Grasbüschel auf dem Kopf (und nackte Oberkörper, klar).

  • 3 lianeliane // Mar 10, 2006 at 8:59 am

    ***…während sie sich an Lianen über die Bühne schwingen.***
    DAS weise ich auf das Entschiedenste zurück…

  • 4 Marco // Mar 11, 2006 at 7:16 am

    Akt 1:
    Zwei nackte Aersche huepfen von Ast zu Ast.
    Es ist der Koenig mit seiner Tochter.

    usw. Klassiker!

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