Brummfisch

I fish, therefore I brumm.

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No Schweden for me!

June 11th, 2008 · No Comments

Nachdem ich heute Nacht zwar ein Update der Euro 2008 sah, mit einem kleinen Japaner, der mit einem großen Zeigestock auf Mannschaften deutete, sowie einer Zusammenfassung Holland gegen Italien, aber keinen einzigen Schweden beim Trikot-Tausch, war ich fast schon wieder froh um meine Matsumoto-Werbungen.

Heute war mein Plan eigentlich, auf die künstliche Insel Odaiba zu fahren, die man vor Tokio als Extra-Stadteil aufgeschüttet hat. Aber leider hatte sich mein Handy irgendwie auf eine andere Uhrzeit umgestellt, und darum mein Wecker nicht geklingelt - um halb 1 wachte ich von selbst auf und beschloss, den Tag anderweitig herumzubringen.

Nachdem der Wettermann gestern im TV Tokio ominös mit seinem kleinen Stöckchen mehrfach auf die Wetterkarte gedeutet hatte: “Regen”, “Regen” und immer wieder “Regen”, trug ich auch meinen treuen kleinen durchsichtigen Schirm mit mir. Jetzt aber ein kleiner Tokio-Tipp von mir nur für euch: Wenn man in Tokio mit einem Schirm aus dem Haus geht, und die ersten vier Tokioter, die einem begegnen, haben keinen dabei, so ist sogleich umzukehren und den Schirm im Hotel zu deponieren. Es wird nicht regnen und man schleppt das Ding sonst den ganzen Tag unnütz mit sich herum. Leider hatte mir vorher keiner diesen nützlichen Tipp gegeben, und so schleppte ich den Schirm den ganzen Tag unnütz mit mir herum - außer mir trugen nur 2 andere traurig aussehende Gaijins sowie 3 alte Opas einen Schirm.

Auf meiner Mission “Lerne neue Stadtteile von Tokio kennen” fuhr ich dann heute nach Ikebukuro. Dort gibt’s große Karaoketempel & Entertainment-Center, die blinken und hupen, einen riesigen Toyota-Showroom sowie massig Manga-Läden. Da war ich natürlich in meinem Element und wanderte fröhlich shoppenderweise durch. Die gute Tat des Tages: Ich hielt eine Gruppe amerikanischer Teenager davon ab, einen “Boy Love” Mangaladen nach “Full Metal Alchimist” Mangas zu durchsuchen - es hätte die zarten Gemüter der männlichen amerikanischen Durchschnitts-Teens (die ja gern mal leicht homophob angehaucht sind) sicher schwer erschüttert. (Bei den amerikanischen Teenie Mädchen machte ich mir keine Sorgen, die sah ich unauffällig Boy Love Harry Potter Mangas in ihre Einkaufskörbe packen.)

Ich hatte vorher gelesen, dass es in Ikebukuro auch ein “Butler Café” geben soll, extra für Frauen, als Äquivalent für die sogenannten “Maid Cafés” für Männer, wo die Bedienungen französische Dienstmädchen-Uniformen anhaben. Auf dem Weg durch die Manga-Straße sah ich dann einen ominösen Eingang, mit einer Treppe nach unten, die immer nur Frauen hinunterstiegen. Messerscharf schlussfolgerte ich, dass es sich hier sicher um das Butler Café handeln würde. Nachdem ich ja was zu erzählen haben wollte, außer “Habe heute Mangas gekauft”, dachte ich, sowas sei sicher spektakulär, und wanderte auch hinunter. Unten stand auch ein kleiner dünner Japaner in einer viel zu großen Butler-Uniform, der leise und devot anmutend irgend etwas murmelte, was ich natürlich nicht verstand, aber er wiederholte es gerne auf Englisch: “Ohne Reservierung ist nicht hier im Butler Café”. Die hatte ich ja nun leider nicht, die Reservierung (kann man übrigens hier durchführen, wer denn so mag), aber nachdem ich mir den kleinen dünnen Japaner noch einmal ansah, dachte ich mir, dass so ein devoter magerer Butler auf mich irgendwie auch nicht wirklich den gleichen Reiz ausübt wie Frauen im Dienstmädchenkostüm auf einen Mann. Ich insistierte also nicht, dass man mir doch einen Platz suchen solle, sondern ging lieber ganz ohne Butler Ramen-Nudeln essen.

Anschließend trank ich noch in einem Coffee-Shop einen Kaffee (”hot”) und beantwortete auch die Frage, die ich für “Für hier?” hielt, mit einem deutlichen “Hai”. Man gab mir dann einen Papp-To-Go-Becher. Mja, setzen, Sechs. Nach dem Kaffee besichtigte ich den Toyota-Showroom, man muss sich ja für den neuen Arbeitgeber fortbilden.

Dann war es schon wieder voll spät, und ich dachte mir, das Nachtleben in Shibuya hätte ich noch nicht erlebt, also fuhr ich da mit der U-Bahn hin. Da ich ja schon das Butler Café nicht gesehen hatte, wollte ich für euch wenigstens erkunden, wie das mit den “Love Hotels” so aussieht. Mein Reiseführer sagte, man müsse da hinter der Shibuya-Kreuzung einen Hügel hinauf, da wären sie dann. Leider waren da überall Hügel, und ich stieg mal links, mal rechts, nur Love Hotels waren da keine. Zur Orientierung versuchte ich, nach Pärchen Ausschau zu halten, die entweder einen post- oder prä-koitalen Eindruck machten, aber irgendwie war auch das nicht von Erfolg gekrönt.

Ich trug beim Hügelsteigen dabei große Tüten mit Mangas plus den Schirm, das darf man nicht vergessen, war deshalb dann auch irgendwann erschöpft, und musste erst einmal einen Kaffee beim Starbucks an der großen Kreuzung trinken (”kalt”). Dort konsultierte ich noch einmal den Führer, und fand heraus, dass ich die ganze Zeit in die falsche Richtung gegangen war. Auch mein Geldbeutel hatte dabei übrigens gelitten, weil ich natürlich statt der Love Hotels dauernd kleine Shops fand, die mir Dinge zum Anziehen verkaufen wollten und das auch taten. Ich besitze jetzt also eine neue kleine Handtasche, eine Sonnenbrille und ein hübsches kleines Oberteil.

Als ich die Love Hotels dann endlich fand, waren sie etwas antiklimaktisch (no pun intended), es waren halt ein Haufen nicht weiter spektakuläre Hotels nebeneinander auf dem oben erwähnten Hügel, man sah denen von außen nicht wirklich an, was jeweils drin geboten wurde (die haben häufig verschiedene Themen). Und ich wollte weder selbst 4.000 Yen investieren, die eine Stunde “Rest” da ungefähr kostet, noch den dicken betrunkenen japanischen Geschäftsmann ermutigen, der mir freundlich beim Hügelhinabsteigen zuwinkte.

Also begab ich mich wieder zurück in mein eigenes Love-Free-Hotel. Morgen soll es übrigens wieder regnen (wer’s glaubt!), und so habe ich mir einstweilen vorgenommen, einen Karaoke-Laden auszuprobieren, die kosten tagsüber nämlich ziemlich wenig Geld, sowie ein Sentou aufzusuchen (öffentliches warmes Bad).

Tags: Gelaber

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